Ein fallender Strompreis ist doch eigentlich etwas Gutes - könnte man meinen.
Wie so häufig ist aber vieles im Leben und auch in der Wirtschaft komplexer, als man denkt.
In Deutschland wird Strom an der Leipziger Strombörse EEX gehandelt.
An dieser Strombörse konnte man im April und Mai 2020 einen Crash ganz besonderer Art erleben. Der durchschnittliche Strompreis an der Strombörse EEX in den Monaten April und Mai 2020 stürzte nach Prognose des BHKW-Infozentrums auf den tiefsten Stand der letzten 20 Jahre ab. Ursache für den immensen Preisverfall des Stroms war vorrangig der Corona-Lockdown.
Im Gegensatz zum aktuellen Crash der Wirecard-Aktie vermisste man aber nicht ein paar Milliarden Euros auf den Bankkonten sondern vorrangig den industriellen und gewerblichen Strombedarf mit mehreren Milliarden Kilowattstunden.
Die Megawattstunde Grundlaststrom (Base) fiel in diesen beiden Lockdown-Monaten auf rund 17,35 Euro, was einem Kilowattstunden-Preis in Höhe von gerade noch 1,735 Cent entspricht.
Steigende Anzahl negativer Strompreise
Auch die Anzahl negativer Strompreise an der Strombörse hat sich gemäß der Analyse des BHKW-infozentrums (Rastatt) im April und Mai 2020 deutlich erhöht. Für den Zeitraum 01. April bis 31. Mai der letzten drei Jahre (2017-2019) wurden durchschnittlich 31 negative Stundenkontrakte erfasst. Dies ist nicht so relevant, wenn man die Stundenanzahl dieser beiden Monate in Höhe von 1.464 Stunden betrachtet.
Die Anzahl negativer Strompreise stieg aber im Jahre 2020 auf 76 Stundenwerte an. Ein Anstieg um rund 145%, der vor allem dem Lockdown geschuldet war. In jeder zwanzigste Stunde mussten Kraftwerksbetreiber nun Geld bezahlen, um den erzeugten Strom an Kunden ausliefern zu können.
Wirtschaftliche Auswirkungen auf Stromerzeuger
Der Strompreisverfall hat massive Auswirkungen nicht nur auf die wirtschaftliche Situation fossiler Kraftwerke sondern auch auf regenerative Stromerzeuger (PV, Windkraft) in der Direktvermarktung und KWK-Anlagen.
Außerdem führt der aktuelle Strompreisverfall an der Strombörse zu erheblich geringeren Erlösen für Strom, der nach dem Förderregime des Erneuerbare-Energien Gesetz (EEG) vergütet und an der Strombörse gehandelt wird. Dies führt unweigerlich zu einer höheren EEG-Umlage.